Milch in Papier

Kindheit und Jugend zwischen zwei Kulturen? - Autobiographische Erzählung

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783942223089
Sprache: Deutsch
Umfang: 224 S.
Format (T/L/B): 2.2 x 21.7 x 15.5 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Mit welcher Ignoranz doch manche Erwachsene ausgestattet sind: 'Einem Kind muss man nicht viel erklären.' - 'Darüber hinaus verstehen Kinder so etwas nicht.' - 'Außerdem vergessen Kinder schnell.' Wenn Eltern zu 'Gastarbeitern' wurden, ließen sie ihre Kinder oft in der Heimat zurück. Über die Folgen haben sie nicht nachgedacht, auch war ihre wirtschaftliche Situation häufig so desaströs, dass sie sich über alle möglichen Rücksichten hinweg für die Arbeitsmigration entschieden. Dass das Leid ihrer Kinder sich später einmal zurückmelden könnte, haben viele nicht erwartet. Hier kommt nun ein solches Kind zu Wort, Jahre später: Als Erwachsener erinnert sich Stefano Polis an die harte und verwirrende Lebenssituation, ein zwischen den Ländern wanderndes Gastarbeiterkind zu sein. Er erzählt von den aufreibenden Gefühlen, die mit Trennung und Abschiedsschmerz einhergehen, und vom langen Weg der Integration in seine neue Heimat.'Heute lebe ich in einem Land, das ich mein Zuhause nenne, und bin Part einer Kultur, die ich liebe. Ich esse von den Speisen, die mir zu Beginn fade und teilweise ungenießbar vorkamen. Ich spreche die Sprache eines Volkes, die mich am Anfang so oft zum Lachen gebracht hatte, und möchte nirgendwo anders leben als in diesem wundervollen Land.'

Autorenportrait

InhaltsangabeDAS GRAB DER TAG, ALS MEINE MUTTER GING DER LANGE WEG MILCH IN PAPIER IN EINEM ZUG NACH DEUTSCHLAND DAS FREMDE LAND FRITTEN MIT MAYO ANNAKIRMES EIN HEISSER TAG PRINTEN UND KEIN SCHNEE MEINE DEUTSCHE VERLOBTE UND DIE SOLDATEN WIEDER ALLEIN AUF DER JAGD ZEIT FÜR VERHANDLUNGEN DIESMAL IST ES FÜR IMMER BIOGRAPHISCHES

Leseprobe

Beim Einsteigen meiner Mutter in das Taxi und mitten durch das Menschengewirr kreuzten sich unsere Blicke ein letztes Mal. Ein kurzer Augenblick, ein letztes Bild von ihr, das mich für immer verändern sollte. Ein von Tränen überflutetes, fahles Gesicht mit zwei Augen, die wie in Zeitlupe laut um Hilfe schrien, sah mich an. Das Taxi hupte ein letztes Mal und fuhr los. Ich konnte überhaupt nicht verstehen, warum meine bis dahin ohnehin nicht besonders heile Welt plötzlich komplett zerbrach. Meine Angst wurde von Wut abgelöst und ich verspürte den Willen, meine Mutter zu beschimpfen. Ja, beschimpfen wollte ich sie mit allen Worten, die mir gerade einfielen. Mir wäre nie der Gedanke gekommen, dass sie eigentlich keine andere Wahl gehabt hatte. Mein kindliches Gemüt konnte nicht begreifen, welchen Handel sie eingegangen war, um uns Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen. 'Gute Reise!', wünschte die Menschentraube, die sich um meine Tante und mich gebildet hatte, meiner Mutter, auch aus der Ferne. Hände wehten hoch über den Köpfen wie bebende Fahnen, Symbole einer Episode, die gerade zu Ende ging. Ich stand wortlos da und meine anfängliche Wut löste sich allmählich auf. Nun fühlte ich zum ersten Mal diese lähmende Leere in mir. Jene Leere, die sich fortan in mir festsetzte und mir bitter aufstößt, sobald ich jemandem die Hand zum Abschied reiche. Als die Straße das Taxi verschluckte, löste sich sanft der feste Griff meiner Tante. Meine Hand glitt heraus und mein versteinerter Blick pendelte zwischen der Straße und Sakis. Dann verharrte er einen Moment lang bei ihm. Sakis schloss die eiserne Tür unseres Hauses ab. Rüttelte an ihr. Sie war zu. Den Schlüssel steckt er in seine Hosentasche. Wie eine dunkle Wolke löste sich nun die Gruppe der Leute auf, die sich von meiner Mutter verabschiedet hatte, und obwohl die Sonne schien, war es mir kalt. Den Versuch, irgendetwas zu sagen, unternahm ich erst gar nicht, und selbst, wenn ich etwas herausbekommen hätte, hätte es niemand gehört. Doch in mir kreisten Worte, die ausgesprochen werden wollten. Ich sehe den Jungen, der wie angewachsen seiner Tante nicht von der Seite weicht. Er ist das Kind und ich der Erwachsene. Wir werden uns nie begegnen, doch ich werde stets in ihm sein und er in mir. Seine Worte jedoch kann ich hören, die er sich mühsam im Geiste zurechtgelegt hatte. Es sind drei Worte, seine und meine letzten drei Worte an diesem Tag. Sie schallen heute noch in meinen Ohren und ich spreche sie für ihn leise aus: 'Gute Reise, Mama.'

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