Beschreibung
Nicolae Prelipceanu, dessen Gedichte längst zum Kanon rumänischer Lyrik gehören, ist einer der produktivsten, interessantes- ten und vielseitigsten Autoren der rumänischen Gegenwarts- literatur, der mühelos von einem Genre zum anderen wechselt: von der Lyrik zur Prosa, von literaturkritischen Reflexionen zu pointiert und effektvoll formulierten Reportagen. Schon seine ersten Gedichtbände weisen ihn als unabhängigen Poeten aus, der unbeirrbar und unbeirrt an seiner Ars poetica festhielt, seinen Diskurs auch nach der Wende in Rumänien 1989 nicht umpolte, sondern weiterentwickelte und dessen Themenfelder nunmehr transparenter gestaltete. Ein Neben- und Ineinander von Ironie und Melancholie prägt die Lyrik dieses Dichters von eigenen Graden und Gnaden, der sich als politischer Publizist ohne Wenn und Aber für eine kritische Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit eingesetzt hat. Es ist aus heutiger Sicht erstaunlich, dass viele seiner subversiven und von Illusionslosigkeit geprägten lyrischen Existenzmeditationen, die sich zum Teil einer geschickten doppelbödigen Schreibweise bedienten, im kommunistischen Rumänien erscheinen konnten. Der Jubel- und Auftragsliteratur hat er sich konsequent verweigert. Es gibt keine Verse, deren sich der 75-Jährige schämen müsste. Seine Lyrik pocht auf Zeitgenossenschaft. Sie geht von konkreten Alltagserfahrungen aus, die surrealistisch überhöht, verfremdet und dadurch verallgemeinert werden. Doch letztlich bleibt Nicolae Prelipceanu ein unruhiger Dichter der Einsamkeit und Ausgeliefertheit des verletzlichen Einzelnen über alle Grenzen hinweg. Peter Motzan
Autorenportrait
Nicolae Prelipceanu, *1942 als Sohn eines Juristen in Suceava, studierte Rumänische Sprache und Literatur in Cluj/Klausenburg und war danach hier zwischen 1969 und 1986 als Kulturredakteur der Zeitschrift Tribuna (Die Tribüne) tätig. 1986 zog er nach Bukarest und trat 1987 in die Redaktion der Zeitschrift Viata Româneasca (Das rumänische Leben) ein. Nach dem Sturz der nationalkommunistischen Diktatur wirkte er in der rumänischen Hauptstadt u. a. als stellvertretender Chefredakteur der Zeitschrift Luceafarul (Der Morgenstern), 1990, Sekretär des Rumänischen Schriftstellerverbandes (1990-1992), Leiter des Beraterstabs im Bukarester Kulturinspektorat (1992-1993), Journalist bei den Zeitungen Cotidianul (Der Tag), 1991-1992, und România libera (Das freie Rumänien), 1993-2006, Staatsrat in der rumänischen Regierung (1996-1997), gegenwärtig ist er Chefredakteur der Zeitschrift Viata Româneasca. Er veröffentlichte über 25 Bücher: Gedichtbände, Romane, Erzählungen und Reportagen - u. a.: Turnul inclinat (Der schiefe Turm), Gedichte, 1966; 13 iluzii (Dreizehn Illusionen), Gedichte, 1971; Archeopterix (Archäopteryx), Gedichte, 1973; Vara unui fost campion de pian (Der Sommer eines ehemaligen Meisters der Klavierkunst), Kurzprosa, 1973; Întrebati fumul (Fragt den Rauch), Gedichte, 1975; Ieri, azi si mai ales mâine (Gestern, heute und vor allem morgen), Reportagen, 1976; De neatins, de neatins (Unberührbar, unberührbar), Gedichte, 1978; Tunelul norvegian (Der norwegische Tunnel), Roman, 1979; Un civil în secolul douazeci (Ein Zivilist des 20 Jahrhunderts), Gedichte, 1980; Fericit prin corespondenta (Briefverkehr macht glücklich), Gedichte, 1982; Arma anatomica (Die anatomische Waffe), Gedichte, 1985; Masina de uitat (Die Maschine des Vergessens), Gedichte, 1990; Binemuritorul (Der gute Sterbliche), Gedichte, 1996; Ce-ai facut în noaptea Sfântului Bartolomeu (Was tatest du in der Bartholomäusnacht), ausgewählte Gedichte, 1999); la pierderea sperantei (verlust der hoffnung), Gedichte, 2012; fantomateca (die phantomathek), ausgewählte Gedichte, 2013. Gedichte von Nicolae Prelipceanu sind in mehrere Sprachen übersetzt worden. Für seine Bücher wurde er mit zahlreichen Preisen des Rumänischen Schriftstellerverbandes ausgezeichnet. 2013 erhielt er für sein lyrisches Gesamtwerk den renommierten Nationalpreis "Mihai Eminescu".