Diskussion über den Herbst 1968 mit Armin Nassehi, Shila Meyer-Behjat und dem ARTE Magazin.
Am 2. Juni 1967 wird Benno Ohnesorg erschossen, im Herbst 1969 wird Willy Brandt Bundeskanzler. Chronologisch dazwischen: das Jahr 1968 – mit dem Internationalen Vietnamkongress im Februar und dem Attentat auf Rudi Dutschke Anfang April, beide Ereignisse in Berlin. So weit, so unbestritten – auch für Armin Nassehi. Weniger naheliegend und keineswegs eindeutig zu beantworten, sind dagegen die Fragen, die sich der Autor in »Gab es 1968? Eine Spurensuche« im Hinblick auf die Bedeutung seines Gegenstands stellt:
Was waren die gesellschaftlichen und kulturellen Bedingungen, die »1968« überhaupt hervorgebracht haben?
Wie verhält sich das kurze Geschehen der Studentenrevolte 1967 bis 1969 zu den langfristigen Wirkungen von »1968«?
Wann war »1968« zu Ende, und was ist davon bis heute geblieben?
Während zum 50-jährigen Gedenken die einen die 68er-Ereignisse als Auftakt zu einem freieren, demokratischeren Land begreifen, als »Mythologem, eine Chiffre, ein Symbol für ein Ereignis, in dessen Folge nichts mehr war wie zuvor«, halten die anderen an ihrer geradezu manischen Abgrenzung fest. Beide Haltungen verbindet, so Nassehi, die Offenbarung einer Diagnose der Gegenwart, in der alle Argumentationslinien mehr mit »1968« zu tun haben, als es auf den ersten Blick erscheinen will.
»Gab es 1968? Eine Spurensuche« begibt sich in den Dialog mit den gesellschaftlichen und kulturellen Effekten der Geschehnisse um 68. Nicht die historisch detailgetreue Nachbildung des Geschehenen steht im Mittelpunkt, sondern eine soziologische Analyse der Kräfteverhältnisse unserer Gegenwart – und auch die Frage, wann das Provokative, das 1968 im Kern definierte, heute verstummt.
Armin Nassehi (Foto: Günther Kaufmann), geboren 1960 in Tübingen, ist Professor für Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Er hat Philosophie, Soziologie,
Erziehungswissenschaften und Psychologie studiert und arbeitet heute auf den Gebieten der Politischen Soziologie, der Kultur-, der Organisations-, der Wissens- und der Religionssoziologie. Nassehi hat zahlreiche Bücher und Aufsätze verfasst und mischt sich auch aktiv in öffentliche Debatten ein. Neben seiner akademischen Tätigkeit ist er zugleich als Berater und Redner in Unternehmen und Verbänden unterwegs. Seit Herbst 2011 ist er neuer Herausgeber des Kursbuches.
Am 23. April ist Armin Nassehi im Gespräch mit der Chefredakteurin des ARTE Magazins, Shila Meyer-Behjat, bei uns in der BUCHBOX! in der Kastanienallee zu Gast. ARTE lädt dazu ein, aber wir vergeben 3 x 2 Gästelistenplätze an Interessierte! Die Einladungen sind bereits rausgegangen.