Bereits Filipenkos Werk "Rote Kreuze" habe ich verschlungen. Nun hat der 1984 in Minsk geborene Autor nachgelegt – und wie!
In "Der ehemalige Sohn" verschlägt es uns in Filipenkos Heimatstadt, zu Beginn ins Jahr 1999. Dort lebt der 16-jährige Franzisk Lukitsch, ein gewöhnlicher Jugendlicher, die meiste Zeit bei seiner Babushka (Oma) Elvira Alexandrowna. Auf dem Weg zu einem Rockkonzert kommt es jedoch zu einem folgenschweren Unfall, aufgrund dessen Franzisk ins künstliche Koma versetzt werden muss und aus dem er erst zehn Jahre später wieder erwacht, nachdem niemand, außer seine Babushka, mehr daran geglaubt hat. Nun muss sich Franzisk erst einmal wieder zurecht finden und obwohl die Welt so aussieht, als wäre die Zeit stehen geblieben, hat sich natürlich einiges verändert.
Die Idee hinter der Geschichte hat mich direkt ein bisschen an den Film "Good Bye, Lenin!" erinnert, nur dass sich das System hier nicht verändert hat. Die politische Wirklichkeit ist praktisch immer noch die gleiche. Krass und unangenehm, mit einem autoritären Präsidenten und einer hohen Fluktuation.
Im privaten Umfeld Franzisks hat sich dafür einiges getan: Seine Mutter hat eine neue Familie, Babushka ist gestorben und seine damalige Freundin hat natürlich auch nicht auf ihn gewartet. Was hält Franzisk nun noch hier?
Filipenko ist eigentlich ein Gag-Schreiber für eine Satire-Show und Fernsehmoderator. Doch auch über ernste Themen schreibt er gewitzt und sprachgewaltig, vermischt Fiktion mit realen Ereignissen und nimmt kaum ein Blatt vor den Mund, was in Weissrussland natürlich nicht gern gesehen gewird. Hoffen wir, dass er trotzdem am Stift bleibt, denn so lesenswert wie "Der ehemalige Sohn" fand ich schon lang kein Buch mehr.