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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783442154456
Sprache: Deutsch
Umfang: 142 S.
Format (T/L/B): 1.1 x 18.3 x 12.5 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

"Ein schonungsloses Buch über Schamgefühle während der Chemotherapie, über wenig einfühlsame Ärzte und lauter Tabus, über die im Zusammenhang mit der Krankheit immer noch nicht gesprochen wird." Anne Will in den Tagesthemen, 6. April 06 "Der knappe, nüchterne, manchmal schnoddrige Ton, in dem Marion Knaths Stationen ihrer Krankheit und ihrer langsamen Erholung vergegenwärtigt, ist hart erarbeitet. Der Versuchung des Selbstmitleids hat sie konsequent widerstanden." NDR Kultur "Wenn Marion Knaths von ihrem 'ersten Leben' vor der Diagnose spricht und von ihrem 'zweiten' danach, klingt das nüchtern. Und trotzdem leidenschaftlich. Radikal leidenschaftlich." Bücher

Autorenportrait

Marion Knaths, geboren 1968 in Wolfenbüttel, absolvierte ein Studium an der Wirtschaftsakademie Hamburg, bevor sie ihre berufliche Laufbahn beim Otto Versand begann. Marion Knaths war 25 Jahre alt, als sie die Diagnose "Morbus Hodgkin - Lymphdrüsenkrebs - in weit fortgeschrittenem Stadium" erhielt. Trotz pessimistischer Prognosen nahm sie den Kampf gegen die tödliche Krankheit auf. Zehn Jahre nach der letzten Chemotherapie hat sie aufgeschrieben, wie es ihr gelang, in einer ausweglos scheinenden Situation handlungsfähig zu bleiben. Im Jahr 2004 machte die erfolgreiche Geschäftsfrau sich als Unternehmensberaterin selbstständig. Ihr Unternehmen "sheboss" bietet Führungsseminare für Frauen sowie Coachings an. Marion Knaths lebt und arbeitet in Hamburg.

Leseprobe

Vorwort Heute vor zehn Jahren hatte ich meine erste Chemotherapie. Ich bin keine Schriftstellerin. Aber nach Abschluss meiner Therapie wusste ich, dass ich zum ersten Mal etwas erlebt hatte, das ich mitteilen möchte. Nicht deshalb, weil es so besonders schrecklich war. Sondern weil ich erlebt habe, dass wir auch in schrecklichen Situationen selbst handeln und gestalten können. Auch wenn die Handlungsmöglichkeiten manchmal brutal begrenzt sind. Und weil ich erfahren und in vielen Gesprächen schmerzhaft zur Kenntnis genommen habe, wie viel Sprach- und Handlungsunfähigkeit es in Extremsituationen unter Menschen geben kann. Ich werde über meine Erfahrungen mit einer tödlichen Krankheit in der Intensivmedizin berichten. Die Erlebnisse, die ich beschreibe, sind einzigartig. Meine. Aber die Themen, um die es geht, betreffen viele, die ähnliche Erkrankungen haben, sowie deren Angehörige oder die Menschen, die mit Patienten wie mir zu tun haben. Ich möchte deshalb keine chronologische Geschichte erzählen, sondern eben jene Themen herausgreifen, die mit meiner Krebserkrankung zusammenhängen und anhand derer ich viel gelernt habe - über mich, über Menschen und über die Intensivmedizin. Ich brauchte Abstand, um über diese Erfahrungen berichten zu können. Aber wenn Sie am Ende das Buch zuschlagen, sollten Sie eines wissen: Die letzten sieben Jahre waren die schönsten meines bisherigen Lebens. Und wenn man mich morgen mit einem Rezidiv, einem Rückfall, ins Krankenhaus einliefern würde, wüsste ich, dass sich mein damaliger Kampf für diese Jahre gelohnt hat. Auch wenn ich mir das drei Jahre lang kaum vorstellen konnte. Der Affe, die Maus und der Sozialstaat Sie sind fünfzig Meter von mir entfernt: Affen, Mäuse, Ratten, Kaninchen. Ihre Augen starren mich stumpf und eindringlich durch Gitterstäbe hindurch an. Sie warten darauf, ob ich den Knopf unter meinen Händen drücke, der für sie Folter und Tod und für mich das Leben bedeutet. Drücke ich nicht, öffnen sich die Käfigtüren, und kein Tier muss die Qualen der Versuchsmedizin erleiden - und ich sterbe. Bevor ich mich endgültig für die Therapie entschied, beschäftigte mich dieses Bild. Welches Recht hatte ich, mein Leben über das dieser Tiere zu stellen? Keins. Und für mich lief es auf genau diese Frage hinaus: Wenn ich Ja zur Intensivmedizin sagte, dann sagte ich mit Sicherheit Ja zu dem qualvollen Tod vieler Tiere. Zumindest in meiner Vorstellung. Das Schlimmste an diesem Bild war, dass es mir nicht wirklich darum ging, durch meinen Verzicht auf die Intensivmedizin ein politisches Zeichen zu setzen. Ich wollte einfach nicht für den Tod dieser Tiere verantwortlich sein. Ich fühlte mich verlogen. Eine Kollegin baute mir die Brücke, über die ich schließlich dankbar ging. »All die Tiere, die du ständig vor dir siehst, sind doch bereits gestorben. Indem du jetzt ebenfalls stirbst, wird nicht eins dieser Tiere wieder lebendig. Aber wenn du überlebst, dann hatte ihr Tod einen Sinn. - Zumindest für mich.« Pause. »Und wenn es dir hilft«, sprach sie weiter in mein Schweigen hinein, »ich würde den Knopf für dich drücken.« Ich weinte. Auch wenn ihre Argumente einen dicken Pferdefuß hatten, so half sie mir doch einen entscheidenden Schritt weiter. Ich hatte mich bereits über alternative Behandlungsmethoden informiert und entschieden, dass sie für mich nicht in Frage kamen. Jetzt hielt ich mich an das Argument, dass die Versuchstiere schon nicht mehr lebten, und verbannte erleichtert das Bild aus meinen Gedanken; und ließ mich ohne weiteres Wenn und Aber und mit allen Konsequenzen auf die Intensivmedizin ein. Allerdings habe ich mich oft gefragt, was denn eigentlich gewesen wäre, wenn ich gestorben wäre. Wenn es diese ganze Medizin mit ihren Maschinen und hochwirksamen Medikamenten nicht gäbe. - Die Welt hätte mein Ableben wohl kaum bemerkt. Einige Menschen hätten mich mit Sicherheit schmerzlich vermisst; hätten vielleicht noch Jahre um mich getrauert und an mich gedacht. Aber