Goodbye Auto

Ein Leben ohne Führerschein

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783442155569
Sprache: Deutsch
Umfang: 349 S.
Format (T/L/B): 2.6 x 18.4 x 12.5 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Mobil ohne Auto - Carsten Otte ist dem neuesten Trend auf der Spur

Carsten Otte ist viel unterwegs. Zu Fuß, mit dem Fahrrad, der Bahn oder dem Flugzeug. Manchmal auch im Auto - als Beifahrer. Denn er hat keinen Führerschein. Er hatte auch nie einen. Sie fragen sich, wie das geht? Es geht. Immer besser. Und mit Carsten Otte ist es sogar höchst vergnüglich. In ''Goodbye Auto'' erzählt er von seinen abenteuerlichen Reisen, kuriosen Begegnungen und überraschenden Erlebnissen auf autolosen Wegen durchs Land.

Messerscharf beobachtet, pointiert notiert: Kurze Geschichten aus dem Alltag eines Beifahrers.

Autorenportrait

Carsten Otte, geboren 1972 in Bonn-Bad Godesberg, studierte Philosophie in Berlin und lebt heute in Baden-Baden. 2004 erschien sein Debütroman "Schweineöde", der von deutsch-deutschen Befindlichkeiten in der Zeit nach der Wiedervereinigung handelt. Seitde

Leseprobe

Auf der Skipiste war die Welt noch in Ordnung. Ich hatte es zum vierten Mal geschafft, mich so in die Warteschlange einzureihen, daß ich im Sessellift neben der schönen Unbekannten Platz nehmen konnte. Noch hatten wir kein Wort miteinander gewechselt. Wir lächelten uns an und wedelten hinab ins Tal, ohne uns aus den Augen zu verlieren. Nach der fünften schweigsamen Liftfahrt hinauf zum Titlis sagte sie: "Wollen wir was trinken gehen?" Klar, wollte ich. "Stehst du auf Hüttenzauber?" Natürlich nicht. Elena, so hieß meine Liftbekanntschaft, schlug eine Bar am Engelberger Bahnhof vor. Synchron wedelten wir ein weiteres Mal hinab. Unten angekommen, schaute ich auf den Fahrplan des Skibusses. Elena lachte. "Bin mit dem Auto hier." Ich nickte und folgte ihr zum Parkplatz. Elena öffnete den Kofferraum eines roten BMW Cabriolets. Wir zogen unsere Skischuhe aus - zum Glück hatte ich im Rucksack meine Slipper dabei. Da die Sonne schien, zog Elena das Verdeck zurück und legte die Skier auf die schmale Rückbank. "Schick, schick", sagte ich und ärgerte mich über meine blöde Bemerkung. Sie grinste, warf mir den Autoschlüssel zu und stieg auf der Beifahrerseite ein. Ich war so überrascht, daß ich nicht in der Lage war, den Schlüssel zu fangen. Nachdem ich ihn vom Schneematsch gereinigt hatte, stand ich schweigend vor dem Cabrio. Elena schaute mich fragend an. "Was ist? Bist du verheiratet?" "Nein." "Dann fahr los." Elena ließ sich offensichtlich gern von fremden Männern im eigenen Wagen herumkutschieren. "Das geht nicht", meinte ich. "Wieso?" "Also, ähm, das mit dem Führerschein, weißt du." "Alk am Steuer? Kenn ich. Ist verdammt blöd, wenn der Lappen weg ist. Aber vergiß Deutschland, wir sind in den Schweizer Bergen. Ich habe hier noch nie eine Verkehrskontrolle erlebt." "Ich auch nicht, nur." Elena sah nicht aus, als wollte sie mit einem Typen zum Apres-Ski, der irgendwelche Probleme hatte oder welche machte. Sie wollte, daß ich einstieg und endlich losfuhr. ". ich kann's nicht." "Was kannst du nicht?" "Autofahren." Sie starrte mich an, als sei mit mir etwas nicht in Ordnung. Wahrscheinlich hätte Elena gelassener reagiert, wenn ich ihr - während ich den Wagen souverän durchs Engelberger Tal steuerte - von meinem Leben als Bankräuber erzählt hätte. Ich ging zur Beifahrerseite, und obwohl Elena sitzen blieb, hatte ich den Eindruck, daß sie auf mich herabsah. "Aha", sagte sie. "Wie alt bist du überhaupt?" Diese Frage hatte mir eine Frau lange nicht mehr gestellt. Hätte ich gesagt, ich sei 17, wäre wahrscheinlich alles in Ordnung gewesen, aber ich war 25 - und das gab ich auch zu. Jetzt stieg Elena doch aus und schüttelte den Kopf. Lauter Fragen standen ihr ins Gesicht geschrieben: Warum? Erwachsen ohne Führerschein? Ging das überhaupt? Wie lebte so ein Mensch? Wie oft hatte auch ich mir diese Fragen schon gestellt! Um Antworten war ich allerdings selten verlegen. Je nach Situation hatte ich eine passende Geschichte parat. Als Siebzehnjähriger habe ich meine Führerscheinlosigkeit politisch begründet. Mit dem militärisch-industriellen Autokomplex wollte ich so wenig wie möglich zu tun haben. Mit zwanzig gab ich den sensiblen Flaneur, der sich im rasanten Nachwende-Berlin nach Entschleunigung sehnte. Mal habe ich meine führerscheinlose Exoten-Existenz genossen, mal wollte ich sie sofort beenden. Vor allem wenn ich Frauen wie Elena kennenlernte. Sie ließ den Motor aufheulen und fragte: "Ökos, die Ski fahren und Jet-Set-Overalls tragen, sind ja ganz was Neues." "Bin kein Öko", entgegnete ich. "Und was bist du?" "Einer, der nicht Auto fährt." "Soll ich's dir beibringen?" An diesem späten Nachmittag saß ich zum ersten Mal in meinem Leben am Steuer. Zwar soff das schöne Cabrio ein paar Mal ab und machte häßliche Geräusche, aber irgendwie rollten wir die geräumte Bergstraße runter. Elena kannte sich in der Gegend gut aus und leitete mich in ein verschlafenes Tal, in dem ebenfalls keine Schneeflocke auf der Straße lag, es aber s Leseprobe