Beschreibung
Schwere Jahre der Einsamkeit und Dürre: Rudolf Steiners Briefe aus der Weimarer ZeitBand 2 der kommentierten Edition von Rudolf Steiners sämtlichen Briefen umfasst die Zeitspanne seiner Tätigkeit als Goetheherausgeber in Weimar. Die diesbezüglichen Briefe legen Zeugnis ab von der Gratwanderung, die ihm als Editor auferlegt war: Auf der einen Seite ging es ihm darum, Goethes Ideenwelt sichtbar zu machen, auf der anderen Seiten sah er sich mit rein intellektuellen, archivalisch-philologischen Anforderungen konfrontiert. Diese verlangten ihm ab, den toten Buchstaben in der korrekten Wiedergabe des historischen Manuskriptbestandes hochzuhalten. Mit unsäglicher Geduld, aber auch zum Teil massiven Abgabeverzögerungen von Manuskripten nahm sich Rudolf Steiner dieser Aufgabe an. Was in ihm vor ging, vermitteln die Briefe eindrücklich. Sie sind ausführlich kommentiert, sodass der jeweilige Kontext ihrer Abfassung deutlich wird. Damit bilden sie eine wichtige Ergänzung zu den entsprechenden Kapiteln in Rudolf Steiners Autobiografie 'Mein Lebensgang'. Die weiteren Bände der Briefausgabe erscheinen im Jahresrhythmus.
Autorenportrait
Rudolf Steiner wurde am 27. Februar 1861 in Kraljevec (Königreich Ungarn, heute Kroatien), geboren. Er studierte an der Technischen Hochschule Wien und promovierte an der Universität Rostock mit einer erkenntnistheoretischen Arbeit, die mit dem Satz endet: 'Das wichtigste Problem alles menschlichen Denkens ist das: den Menschen als auf sich selbst gegründete, freie Persönlichkeit zu begreifen.' Diese Überzeugung leitete ihn auch in seiner Tätigkeit als Goethe-Herausgeber in Weimar, als Schriftsteller, als Redakteur und Vortragsredner in Berlin, später in Dornach und an vielen anderen Orten Europas. Seine durch Bewusstseinsforschung erweiterte Sichtweise, die er 'Anthroposophie' (Weisheit vom Menschen) nannte, ermöglichte es ihm, auf zahlreichen Lebensgebieten praktische und tiefreichende Impulse zu geben, stets mit dem Ziel einer spirituellen Erneuerung der Zivilisation. Nach der Trennung von der Theosophischen Gesellschaft, deren Deutscher Sektion er zunächst als Generalsekretär vorstand, wirkte bei der Gründung der Anthroposophischen Gesellschaft mit. Im Goetheanum in Dornach bei Basel bekam die Gesellschaft ihr Zentrum 'Freie Hochschule für Geisteswissenschaft'. Als der Doppelkuppelbau aus Holz durch Brandstiftung zerstört wurde, stellte sich Rudolf Steiner an die Spitze der neu begründeten Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft. Rudolf Steiner starb am 30. März 1925. Sein Werk umfasst neben zahlreichen geschriebenen Büchern Nachschriften von rund 6000 Vorträgen und ist in der 'Rudolf Steiner Gesamtausgabe' zum großen Teil ediert.
Leseprobe
Man hat bei Goetheversammlungen hier genugsam Gelegenheit, die Sorte von Philologen, die jetzt sich in der Literaturwissenschaft breit macht, kennen zu lernen. Diese Leute sind mit Scheuklappen gegen alles, was Idee heißt, ausgerüstet; sie sehen nur den Buchstaben, den geistentblößten Buchstaben, den sie Lesart Variante und sonstwie nennen, und von dem sie sich mehr versprechen, als von jeder in den Geist Goethes eindringenden Betrachtung. [.] Und dieses äußere Verhältnis zu dem Gegenstande, das der gegenwärtigen Philologie anhaftet, dieses lieblose Ausschroten jeglichen Autors kann ich nicht vertragen. Man nennt das jetzt objective Betrachtungsweise. Ich mag solche Objectivität gar nicht. (An Karl Julius Schröer, Weimar, 3. Dezember 1894)
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