Beschreibung
Trotz einer anhaltenden wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Sprache in den neuen Medien bleibt bis heute ein Sammelband, der sich explizit und ausschließlich der E-Mail-Kommunikation aus linguistischer Perspektive widmet, ein Desiderat. Der vorliegende Band schließt die Lücke, indem er aktuelle Arbeiten um den gemeinsamen Forschungsgegenstand versammelt. Präsentiert wird einerseits ein vertiefter Einblick in die linguistische Forschung, andererseits werden Anstöße zu einer weiterführenden Diskussion dieser neuen Kommunikationsform gegeben. Nicht zuletzt ist es auch ein Ziel des Bandes, Materialien für den universitären Unterricht bereitzustellen, um auf diese Weise eine breite Auseinandersetzung im Sinne einer zu vermittelnden Medienkompetenz zu ermöglichen.
Inhalt
us dem Inhalt: Christa Dürscheid: E-Mail und SMS - Ein Vergleich In seinem SMS-Ratgeber mit dem Titel SMS-Messages stellt der Autor fest: SMS oder Short Service Message Service', der Kurznachrichtendienst', hat längst den Siegeszug in der nationalen und internationalen Mobilkommunikation angetreten. Ob in Bus oder Bahn auf dem Weg zur Arbeit, auf dem Schulhof, im Klassenzimmer oder abends neben dem Fernsehprogramm: SMS ist immer dabei" (Haller 2000: 7). Statistische Erhebungen zur SMS-Nutzung in den deutschen Mobilfunknetzen belegen diese Einschätzung. Im Jahr 2000 wurden in Deutschland über 15 Milliarden Kurznachrichten verschickt, die Tendenz ist weiter steigend. Die linguistische Forschung hat von diesem Umstand noch kaum Notiz genommen. Zwar gibt es bereits kommunikationswissenschaftliche Studien zur SMS-Nutzung, aber nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen zu der Frage, welche spezifischen sprachlichen Ausdrucksmittel in der SMS verwendet werden. Dabei liegt die Vermutung nahe, dass sowohl die Beschränkung auf 160 Zeichen als auch die Motive für das Versenden einer SMS Auswirkungen auf die sprachliche Gestaltung haben. Im Beitrag werden erste Ergebnisse einer linguistischen Analyse der SMS vorgestellt. Sie beruhen auf der Auswertung eines SMS-Korpus, auf einer Befragung von Schülern und Studenten und auf Hinweisen, die sich im Internet, in Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln, aber auch in SMS-Ratgebern zum Schreiben von SMS finden. Als Leitfaden der vorgetragenen Überlegungen dient die Frage, welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten diese fernschriftliche Variante der Mobilkommunikation mit der E-Mail-Kommunikation aufweist. Ekkehard Felder: Der Zwang zur Zwanglosigkeit!" - Stilistischer Spagat zwischen Konventionalität und Originalität in E-Mails Im Beitrag werden Stilprinzipien in Bezug zu dem didaktischen Konzept Arbeit am Stil" gesetzt, um die gängigen, aber zu allgemeinen Stilmaximen mit Hilfe von pragmatischen Kriterien im Rahmen eines Schreibprojektes konkretisieren zu können. Fragen und Aspekte des Stils werden dabei als eine bestimmte (sprachwissenschaftlich zwar umstrittene, aber heuristisch sinnvolle) Betrachtungsweise auf den Text aufgefasst: Wer auf Stil achtet, Stil-Prädikate zuordnet, lenkt seine Aufmerksamkeit vom Was (als Sachgehalt des Geäußerten) auf das Wie (als sprachlich-stilistische, für den Sinngehalt mitentscheidende Form) des sprachlichen Ausdrucks. Um diese unterschiedlichen Perspektiven auf Texte zu verdeutlichen, wird ein Schreibprojekt zur Bewusstmachung stilistischer Aspekte in E-Mails auf der Vergleichsfolie des Briefes im Sinne der neuen Schreibdidaktik vorgeschlagen, in welcher der Schreibprozess selbst beim Anfertigen und Überarbeiten von Texten zum Reflexionsgegenstand erklärt wird. Die dem Schreibprojekt zugrundeliegende Idee bedient sich des didaktischen Prinzips der Verfremdung, das mit dem Fremdmachen des selbstverständlich Vertrauten arbeitet. Dazu werden gewohnte Blickeinstellungen auf bekannte Phänomene so verändert bzw. verfremdet, dass gängige Wahrnehmungsschemata - vor allem Sprachgewohnheiten - teilweise versagen und durch diese Störung" die Bedeutung von vermeintlich Selbstverständlichem überhaupt erst erkannt werden kann. Dadurch können Sprachreflexionsprozesse und sprachliches Selbst-Bewusst-Sein im Sinne einer individuellen Stilpflege zur Kultivierung von Sprachgefühl gefördert werden. Peter Handler: E-Mail zwischen Stil und Lifestyle Der Beitrag setzt Stil" als Suchbegriff ein, um Struktur und Inventar von E-Mails zu erfassen sowie die einwirkenden und ausgehenden Einflüsse zu eruieren. Im Weiteren wird untersucht, wie Individuen im Spannungsfeld zwischen gestalterischem Freiraum und Textkonventionen agieren, wie Sprachhandlungen auf das Medium abgestimmt werden können und wie E-Mail im kommunikativen Alltag präsent ist. Abschließend erfolgt ein kritischer Blick auf die Verkommunizierung" von provisorischen und peripheren Handlungselementen. Nina Janich: Von Lust und Leid. Metakommunikation in der E-Mail am Beispiel einer Mittelbau-Initiative Die Frage nach medienspezifischen Kommunikationsproblemen und daraus resultierenden (Selbst-)Regulierungserscheinungen einerseits, Beratungsbedürfnissen andererseits ist mit Blick auf die E-Mail-Kommunikation bislang von der Forschung nur zögerlich angegangen worden. Was weit gehend fehlt, ist eine Auswertung von umfangreicheren E-Mail-Korpora, die die derzeitigen Kommunikationsschwierigkeiten im Umgang mit E-Mail und damit evtl. neue (und unbewusste?) Regulierungs- und Beratungsdefizite aufzeigen könnten. Im vorliegenden Beitrag wird ein über 400 E-Mails umfassendes Korpus (Briefwechsel einer inneruniversitären Mittelbau-Initiative) auf sich metakommunikativ äußernde Probleme im Umgang mit E-Mail und Bewertungen des Mediums durch seine Nutzer untersucht. Möglicherweise neuralgische" Textelemente wie Anrede, Subject oder Adressfeld werden ebenso in den Blick genommen wie die Vorgehensweise der Gruppenmitglieder, wenn es um die zentralen Bedürfnisse umfassende Information" und Übersichtlichkeit" geht. Ausführliche Zitate aus den Mails zeigen die Intensität der metakommunikativen Auseinandersetzung mit dem Medium und machen für die weitere Forschung deutlich, wie zentral Sprechereinstellungen gegenüber dem Medium die Nutzungsweise von E-Mail und den Umgang miteinander beeinflussen. Jörg Meier: Vom Brief zur E-Mail. Kontinuität und Wandel Der Werbeslogan der Deutschen Bundespost in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts - schreib mal wieder! - wirkte bereits zu diesem Zeitpunkt wie ein öffentlicher Aufruf, eine vom Aussterben bedrohte jahrhundertealte kulturelle Praxis und Kommunikationsform zu retten. Zwischenzeitlich haben modulierte Signale längst den Postboten überholt, und die elektronische Mailbox bietet den Anschluss an ein weltweites Kommunikationsforum. Der Medienwechsel brachte einen grundsätzlichen kulturellen Wandel mit sich, da das kollektive Gedächtnis unserer Gesellschaft, das bisher durch Prinzipien der Schriftlichkeit charakterisiert wurde, zunehmend nach elektronischen Regeln arbeitet. Wenngleich bereits Georg Steinhausen in seiner Geschichte des Deutschen Briefes in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts sein Ende beschwor, gibt es den Brief heute immer noch. Als Kommunikationsmedium konkurrieren mit dem Brief bereits seit langem Telegramm, Postkarte und Telefon, letzteres ergänzt durch Angebote der modernen Telekommunikation wie Telefax, E-Mail und SMS sowie weiterer Netze und Dienste, die in immer kürzerer Zeit neu hinzukommen. Nicht nur angesichts aktueller Tendenzen innerhalb der Briefkommunikation ist ein historisch-systematischer Funktionswandel der Briefkultur insgesamt unverkennbar, weshalb der Brief sowohl in seinem literarischen wie auch kommunikativen und psychologischen Charakter theoretisch und praktisch neu bestimmt werden muss. Georg Rehm: Schriftliche Mündlichkeit in der Sprache des World Wide Web Anhand eines großen Korpus von etwa 1,2 Millionen deutschsprachigen HTML-Dokumenten aus der Domäne der akademischen Webserver wird mit Hilfe einer empirischen Studie der Einfluss verschiedener sprachlicher Phänomene, die bzgl. der asynchronen E-Mail-, Newsgruppen- sowie der synchronen Chat-Kommunikation bereits ausführlich in der Literatur beschrieben wurden, auf Webseiten untersucht. Da sich viele dieser an der konzeptionellen Mündlichkeit orientierenden sprachlichen Phänomene mit computerlinguistischen Methoden erkennen lassen, finden die Analysen automatisch statt und geben Auskunft über Merkmale der konzeptionellen Mündlichkeit im World Wide Web. Eckard Rolf: Illokutionsstrukturen alltäglicher E-Mails Anhand einer Analyse von Beispielen für alltägliche E-Mail-Kommunikation soll gezeigt werden, dass alltägliche E-Mails ein Anliegen ihres Emittenten erkennen lassen, dessen Verfolgung eine gewisse Handlungslogik aufweist. E-Mails werden als bestimmte Arten von Briefen betrachtet, deren Äußerungsein...
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