Psychoanalyse in totalitären und autoritären Regimen

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783860999578
Sprache: Deutsch
Umfang: 344 S., 4.93 MB
Auflage: 1. Auflage 2012
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Format: PDF
DRM: Digitales Wasserzeichen

Beschreibung

Die Vermutung liegt nahe, dass eine der Aufklärung verpflichtete Wissenschaft und Therapie wie die Psychoanalyse in einer Diktatur kaum möglich ist. Trotzdem hat sie sich weltweit auch in verschiedenen diktatorischen Regimen erhalten, wenn auch unter Bedingungen, die sich von denen psychoanalytischer Arbeit in Demokratien grundlegend unterscheiden. Wie dies möglich war und welche Formen dieses "Überleben" annahm, zeigen die Beiträge dieses Bandes anhand von Beispielen aus Deutschland und Österreich nach der NS-Machtübernahme, aus den von Nationalsozialisten besetzten Ländern Norwegen und Belgien, in der kommunistischen Sowjetunion und in autoritären Regimen in Brasilien und Italien.

Autorenportrait

Der Herausgeber:Mitchell G. Ash, Prof. Dr., unterrichtete von 1984-1997 Geschichte an der University of Iowa, Fellow am Wissenschaftskolleg in Berlin (1990-1991); Gastprofessuren in Göttingen, Wien und Jerusalem; ist seit 1997 ordentlicher Professor für Geschichte der Neuzeit an der Universität Wien; von 2002-2007 Präsident der Gesellschaft für Wissenschaftsgeschichte. Ordentliches Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.

Leseprobe

Vorwort Im Namen der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung und der Wiener Psychoanalytischen Akademie freue ich mich sehr, ein Grußwort zu einem Band formulieren zu dürfen, der sich mit dem Schicksal der Psychoanalyse in totalitären und autoritären Regimes auseinandersetzt. Hier kommen Erfahrungen aus aller Welt zur Sprache und setzen sich ins Verhältnis mit dem Besonderen der Geschichte der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung, der Erfahrung ihrer Auslöschung, den Versuchen, in Zeiten unfassbarer Zerstörung Psychoanalyse am Überleben zu halten. Die Sonderstellung unserer Vereinigung ist Sigmund Freud geschuldet, der hier in Wien lebte, arbeitete, forschte und jenen Kreis um sich versammelte, der sich vor hundert Jahren am 15. April 1908 als Psychoanalytische Gesellschaft konstituierte. Damit war Wien bis zur Vertreibung und Verfolgung Freuds und seiner Mitglieder Zentrum der psychoanalytischen Welt. Die Identifizierung mit dieser großen Vergangenheit, die besondere Nähe, Verbundenheit und Treue zu Freud, die gewaltsame Auslöschung der organisierten Psychoanalyse, die Auswirkungen des Terrors, ein damit sehr brüchiger Faden der Kontinuität sowie die schwierige Zeit des Wiederanfangs inmitten einer zerstörten, schuldbeladenen Gesellschaft sind Besonderheiten der Nachkriegsgeschichte der Wiener Vereinigung. Hier hatte sich etwas in extremer Zuspitzung ereignet, aber die Beiträge dieses Bandes zeigen uns, dass viele psychoanalytische Gesellschaften unter Bedingungen von Diktaturen und Terror versucht hatten zu überleben und weiter zu arbeiten. Die Tagung, aus der dieser Band hervorgegangen ist, wurde von einer Arbeitsgruppe geplant, die vor drei Jahren vom Vorstand der Vereinigung mit der Zielsetzung initiiert wurde, eine kontinuierliche, breit angelegte Arbeit an und zur Geschichte der Psychoanalyse zu befördern und die dafür notwendige Infrastruktur aufzubauen. Inzwischen ist parallel dazu das Archiv der WPV in Aufarbeitung und im Ausbau, eine Gruppe von KollegInnen arbeitet an Biographien und Bibliographien von Vereinsmitgliedern, der Rekonstruktion der Ausbildungslehrgänge und der Vereinsaktivitäten; ein elektronisches Dokumentationsprojekt soll helfen, die vielen versprengten historischen Quellen und Arbeiten zu sammeln und zugänglich zu machen. Vor allem aber hat die Arbeitsgruppe ein Forschungsprojekt mit dem Titel "Brüche und Kontinuitäten in der Geschichte der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung nach 1938" entwickelt, das vom Zu

Inhalt

InhaltDanksagungChristine DiercksVorwortI. Allgemeine ProblemeinführungenMitchell G. AshPsychoanalyse unter nicht-demokratischen HerrschaftsverhältnissenEinführende BemerkungenGeoffrey Cocks"Rechts um die Ecke rum": Wichmannstraße, Berggasse, Keithstraße, 1933 - 1945 Elisabeth BraininTräumen in der NS-Zeit II. Das Ende der Psychoanalyse in Wien 1938? - Neue ForschungenChristiane Rothländer"Arisierung", Beschlagnahmung und Verbleib des Eigentums der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung 1938 Birgit JohlerZur Praxis August Aichhorns 1938 - 1944Entwurf eines "Soziogramms" auf Grundlage seiner Patientenkalender III. Psychoanalyse und Diktaturen: Faschismus und NationalsozialismusJacqueline Amati MehlerPsychoanalyse und Faschismus in Italien Michael Schröter"Wir leben doch sehr auf einer Insel..."Psychoanalyse in Berlin 1933 - 1936 IV. Unter nationalsozialistischer BesatzungSusann Heenen-WolffPsychoanalyse und Besatzungsregime in Belgien 166Håvard Friis NilsenWiderstand in der Therapie und im Krieg 1933 - 1945Die Psychoanalyse vor und während der Besatzung Norwegens durch die Nationalsozialisten V. Unter Diktaturen im östlichen Europa und LateinamerikaIgor M. KadyrovPsychoanalyse in der UdSSR und in Russland nach dem Ende der SowjetunionHans FüchtnerPsychoanalyse und autoritäre Herrschaft in Brasilien VI. Die Folgen in Wien nach 1945Thomas AichhornBlicke zurück und nach vorneAus der Korrespondenz August Aichhorn - Anna Freud nach 1945 Samy Teicher/Elisabeth BraininPsychoanalyse nach der NazizeitDie Wiener Psychoanalytische Vereinigung und ihr Umgang mit dem Nationalsozialismus nach 1945 VII. AusblickWerner BohleberPsychoanalyse, Diktatur, Professionalität - ImplikationenDie Auswirkungen des Nationalsozialismus auf die Psychoanalyse in der Bundesrepublik Deutschland nach 1945 Daphne StockPsychoanalyse und demokratisches Bewusstsein Liste der Abbildungen Die Autorinnen und Autoren des Bandes Namensverzeichnis

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