Die Mauer

13. August 1961 bis 9. November 1989

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783886808823
Sprache: Deutsch
Umfang: 576 S., 30 s/w Illustr.
Format (T/L/B): 4.5 x 23.2 x 16.5 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

»Taylors Erzählweise zeichnet sich durch größte Detailnähe, spannungsvolle Inszenierungen und konturenreiche Nahaufnahmen der Akteure aus.« Der Tagesspiegel »Denn Taylor hat ein Standardwerk über das Beton- und Stacheldrahtbauwerk geschrieben, das die Stadt 28 Jahre lang teilte und gleichzeitig zum Brennpunkt zwischen Ost und West machte: „Die Mauer. 13. August 1961 bis 9. November 1989."« Focus »Es ist gewiss nicht das erste Buch über die Mauer quer durch die deutsche Hauptstadt. Aber Taylor erzählt, ganz in der Tradition angelsächsischer Historiker, locker, gut lesbar und dennoch seriös über ihre Entstehung, Funktion, Unmenschlichkeit und ihren Fall. Und weil er dies stets in den großen Kontext der Ost-West-Auseinandersetzung über Deutschland stellt, ist sein Buch weit mehr als eine Geschichte jenes Beton-Ungetüms, mit dem Ulbricht und Chruschtschow das letzte Schlupfloch für Flüchtlinge aus dem Osten abriegelten und das 130 Todesopfer forderte. Seine Vorgeschichte der Mauer wird zu einem historischen Exkurs über die frühe DDR, über Walter Ulbricht und dessen verfehlte Politik der Kollektivierung und Sozialisierung selbst des Handwerks, die den Flüchtlingsstrom immer weiter anschwellen lässt.« Literarische Welt

Autorenportrait

Frederick Taylor hat Neue Geschichte und Germanistik studiert und ist Fellow der Royal Historical Society. Die deutsche Geschichte kennt Taylor von mehreren Studienaufenthalten, die ihn bereits in den 1970er Jahren für längere Zeit in beide deutsche Staat

Leseprobe

Es war an einem Wochenende im August 1961. Ich hatte eine glückliche Kindheit hinter mir und mit meinen 13 Jahren ohne allzu viele unangenehme Zwischenfälle die Schwelle der Adoleszenz erreicht. Jetzt jedoch hing eine Wolke über dem Horizont. Meinem Vater ging es nicht gut, ganz und gar nicht. Das Rauchen - sein einziges Laster, soweit ich wusste -hatte ihn bereits einen Lungenflügel gekostet. Nach der Operation anderthalb Jahre zuvor schien er sich gut erholt zu haben, aber in diesem Sommer wirkte er wieder schwach und erschöpft und hütete oft das Bett. Ich ging häufig hinauf, um ihm Gesellschaft zu leisten. An diesem Tag sprachen wir über einen Artikel in der Sonntagszeitung. Deshalb erinnere ich mich daran, dass es ein Wochenende war. Bedeutsame, irgendwie unheilvolle Dinge gingen vor in der Welt. Mein Vater hatte an jenem Abend einen schweren Herzanfall. Unsere Nachbarin, eine Krankenschwester, eilte herbei, und ich erhaschte durch die halb offene Schlafzimmertür einen Blick auf sie, wie sie auf seine Brust drückte, um ihn am Leben zu erhalten. Dann wurden wir nach unten geschickt. Der Arzt kam. Jemand schaltete den Fernseher ein, um uns zu beschäftigen. Flackernde Schwarz-Weiß-Bilder einer Großstadt. Wütende Menschen, Männer mit Gewehren und Stacheldraht. Vielleicht ein oder zwei Panzerspähwagen. Die Erinnerung ist etwas verschwommen, so wie die Bilder. Es ist lange her. Ich weiß immer noch nicht, ob der Entschluss, dieses Buch zu schreiben, etwas mit diesem Abend zu tun hatte. Aber für mich wird die Berliner Mauer stets nicht nur mit dem Zustand der Welt von damals und heute verbunden sein, sondern auch mit einem starken Gefühl von Abschied und Trennung. Der Tag, an dem sie gebaut wurde, markierte für mich wie für viele Millionen andere Menschen das Ende eines Lebensabschnitts und den Beginn eines neuen, schwereren. Mein Problem an jenem Tag war jedoch weder ökonomischer noch geographischer oder politischer, sondern rein privater Natur, und es hatte nichts mit Berlin zu tun. Mein Vater blieb noch einige Zeit im Obergeschoss. Ich sah ihn nur noch einmal, später am Abend, wieder durch eine halb offene Tür, diesmal diejenige zu meinem Schlafzimmer. Sanitäter trugen ihn auf einer Bahre über den Flur zur Treppe. Er war bei Bewusstsein und sah sich um. Er machte einen ernsten, aber gefassten Eindruck. Fast schien es, als sei er neugierig auf das, was mit ihm geschah. Im Krankenhaus erlitt er einen weiteren - dieses Mal tödlichen -Herzinfarkt. Es war der 14. August 1961. Tags zuvor, am Sonntag, war eine Vorform der späteren Berliner Mauer errichtet worden, die eine Großstadt teilte und Menschen voneinander trennte, Freunde von Freunden, Eltern von ihren Kindern, Brüder und Schwestern von ihren Geschwistern. Gleichzeitig war es auch der Tag, an dem ich von meinem Vater getrennt wurde. Das Hindernis, das ihn von mir trennte, war düster, geheimnisvoll und vor allem dauerhaft. Die Berliner Mauer war dagegen in keiner Weise geheimnisvoll. Sie war real und brutal. Es sollte sich erst noch herausstellen, dass sie nicht dauerhaft war, aber das konnte damals noch niemand ahnen. Als ich Berlin fast auf den Tag genau vier Jahre später zum ersten Mal besuchte, hatte ich ganz gewiss den Eindruck, als würde die Mauer bis an mein Lebensende bestehen bleiben. Ich war 17 Jahre alt und stand ein Jahr vor meinem Schulabschluss. Im Jahr vor dem Tod meines Vaters hatte ich begonnen, Deutsch zu lernen, und jetzt war ich auf einer Klassenfahrt in der Stadt, die geteilt worden war, als er starb. Ich erinnerte mich an die Bilder aus jener Nacht im Jahr 1961, auch wenn sich die Stadt, als ich sie wirklich sah, ganz in Farbe präsentierte und keineswegs so verschattet und bedrückend wirkte wie ein Horrorfilm aus der Stummfilmzeit, wie ich sie mir seltsamerweise vorgestellt hatte. Stattdessen unterschied sie sich nicht allzu sehr von London. Es war allerdings ein London mit wesentlich mehr Bomben- und Granatenlöchern und mit einer quer durch die Stadt Leseprobe

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