Beschreibung
Das Kunstprojekt "RitschArt" fokussiert im Jubiläumsjahr 2018 drei historische Ereignisse: Das Ende der Ersten Weltkrieges und zugleich der Monarchie im Jahr 1918, den Anschluss an Hitler-Deutschland 1938 und die Studentenproteste und Bürgerbewegungen sowie den Prager Frühling 1968. Das Gericht Ritschert, ein Gerstenbrei mit Fleisch, Bohnen, aber auch mit Erbsen und Linsen, wird zum Sinnbild für die durch die historischen Kriegsereignisse und Wirren der Vergangenheit verursachte Armut. Die sehr sättigende Speise galt in den 50er- und 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts als Essen der armen und körperlich schwer arbeitenden Bevölkerung. Der lapidare Eintopf, der gerne aus einem Topf gegessen wurde und somit das Gemeinschaftsgefühl stärkte, schmeckt letztendlich besser als sein heutiger Ruf als Arme-leuteessen es erwarten lässt. Erstmals nahmen sich fünf bildende Künstler/innen aus Österreich, Italien und Kroatien dieses Gerichtes als Thema an. Sie schufen Zeichnungen, die animiert und Bestandteil ihrer Videoarbeiten wurden.
Autorenportrait
Andrea Wolfmayr, geb. 1953 in Gleisdorf, studierte Germanistik und Kunstgeschichte in Graz, war Buchhändlerin und Nationalratsabgeordnete und arbeitete im Grazer Kulturamt. Lebt in Gleisdorf. Zahlreiche Veröffentlichungen (Romane, Prosa, Texte in Literaturzeitschriften und Anthologien), diverse Literaturpreise und Stipendien.
Leseprobe
Andrea Wolfmayr: Ritschert, das heizt auf. Baut auf. Wärmt von innen heraus. Kräftigt. Ein Ur-Essen. Einst Arme-Leute-Essen. Billig-Essen. Ein Essen, das aber auch verfeinert werden konnte, aufgepeppt, durch besonders gutes Fleisch, teureres Fett, edlere Zutaten, seltenere Gewürze. Ein Essen, das heute jedenfalls kaum noch gekocht wird. Viel zu üppig. Wir brauchen Leichteres. Weil wir im Allgemeinen leichter arbeiten, sitzend, kaum in Bewegung, mit wenig Körpereinsatz, vor unseren Computern, denkend, schauend, überlegend, planend, konstruierend. Kein Bäumefällen und Häuserbauen, Gräben ziehen, Steine heben, stemmen, tragen, kein Schwitzen. Ritschert braucht lange, zum Kochen und zum Verbrennen, in der Verdauung. Ein kalorienhaltiges Essen, ein fettes Essen. Ein ausgiebiges Essen. Ein nachhaltiges, kunstloses Essen. So einfach gemacht. Nur nicht schnell. Ritschert braucht Zeit. Und Zeit haben wir nicht.
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