Beschreibung
Dies ist die Geschichte der Halben Welt, die Utopie wurde Wirklichkeit. Die Grenzen sind gezogen, das Territorium geräumt, Menschen dürfen nur noch in ihrer Hälfte der Erde leben, die andere Hälfte wurde zum Naturschutzgebiet erklärt. Ein packender Roman über Moral und Wissenschaft, der die Geschichte der Gegenwart fortspinnt und die Zukunft in einer geteilten Welt entwirft. Das Zeitalter der Einsamkeit ist angebrochen, nachdem der Mensch sich über alles Leben gestellt hat. Die Hälfte der Erde wurde infolge der globalen Krisen zum Schutzgebiet erklärt. Als Sachbearbeiter in der Behörde zur Verwaltung der Halben Welt sieht Lilian es als seine Aufgabe, zukünftigen Generationen begreiflich zu machen, warum die Hälfte der Erde der Natur überlassen werden musste; er beginnt diese Geschichte aufzuschreiben. Zur Illustration seines Berichts will er die Arbeit zweier Wissenschaftler im globalen Wiederbewaldungsprogramm schildern. Die beiden sind bei einem Forschungsaufenthalt in der Halben Welt mutmaßlich verunglückt. Mit Fortdauer seiner Recherchen mehren sich allerdings Lilians Zweifel an der Ursache für ihr Verschwinden. Bröderbauers dritter Roman verwebt Fakten und Fiktion. Wer darf bestimmen, wie das Zusammenleben auf Erden aussehen soll? Liegt die Zukunft darin, dass Menschen zugunsten der Natur in ihrem Lebensraum und ihren Aktivitäten beschnitten werden sollen? Wie es beispielsweise das "Half-Earth-Projekt" des weltberühmten Biologen Edward O. Wilson plant? Ein absolut aktueller und zu Diskussionen anregender Roman.
Autorenportrait
David Bröderbauer geboren 1981 in Zwettl, lebt in Wien; ist Autor und Biologe; Forschungsreisen nach Costa Rica, China und Allentsteig; sein letzter Roman Waltauchen (Milena, 2021) war Ö1-Buch-des-Monats im November 2020 und stand auf der ORF Bestenliste; Träger des Heinrich-Gleißner-Förderpreises 2019.
Leseprobe
Dies ist die Geschichte der Halben Welt. So unwahrscheinlich es schien, die Halbe Welt ist Wirklichkeit geworden. Die Grenzen sind gezogen, das Territorium geräumt. Nicht mehr lang, dann wird ihre Existenz selbstverständlich sein, werden ihre Anfänge in Vergessenheit geraten. Wenige werden sich dann noch daran erinnern, wie die Halbe Welt als Idee Gestalt annahm, welche Worte es waren, die den Umschwung der Meinung bewirkten, welcher Zufälle und Maßnahmen es bedurfte, um die Utopie Wirklichkeit werden zu lassen. Wie es zu den großen und kleinen Entscheidungen kam, die den Weg bereiteten. Deshalb steht es hier aufgeschrieben. Sollten die zukünftigen Menschen nach den Anfängen der Halben Welt fragen, wartet mein Bericht im Archiv der Behörde auf sie. Ich der Verfasser dieser Zeilen sehe es nicht als meine Aufgabe, die Geschichte unserer Hälfte zu dokumentieren. Auf Begebenheiten der kultivierten Welt geht der Bericht nur dort ein, wo es der Sache dient. Der Bericht ist nicht für die Menschen von heute geschrieben. Wer ihn vor der Zeit liest, möge dies bedenken. Vor allem wendet er sich nicht an die Leserinnen und Leser, die an der Halben Welt zweifeln, die verlangen, dass der Mensch Zutritt zu ihr erhält, oder mehr noch, Zugriff. Es sei hier bekräftigt, dass der Mensch sein Anrecht auf die Halbe Welt bis auf Weiteres verwirkt hat. Die Frage sei hier vorweggenommen, warum ich mich berufen fühle, die Geschichte der Halben Welt aufzuschreiben. Es ist nicht meine Absicht, durch diesen Bericht Bekanntheit zu erlangen. Aus diesem Grund wird im Bericht auf Angaben zu meiner Person verzichtet. Nur so viel sei gesagt, dass ich als Mitarbeiter jener Behörde, die maßgeblich zur Erschaffung der Halben Welt beitrug und sie verwaltet, Einblick in relevante Dokumente und Aufzeichnungen habe. Zudem befinde ich mich im Besitz persönlicher Erfahrungen betreffend die Vorgänge während der Neuordnung der Welt. Es soll hier festgehalten sein, dass ich mich nicht als Opfer sehe, wie es unter den Umgesiedelten Mode geworden ist. Wir alle sind Täter:innen. Vergessen wir das nicht. Der Bericht wird sich exemplarisch mit dem Schicksal zweier Persönlichkeiten befassen, die eine wichtige Rolle bei der Gestaltung der Halben Welt gespielt haben. Jos Tyskin, ein Mäzen der Halben Welt aus der bedeutenden Unternehmerfamilie der Tyskins - der Name wird auch den Leser:innen der Zukunft ein Begriff sein. Und Thomas Mark, ein Wissenschafter, der die Wiederbewaldung der Halben Welt vorangetrieben hat. Vor einem Monat sind sie im Zuge eines Forschungsaufenthalts in Neotropis-Zentral als abgängig gemeldet worden. Ihr Verschwinden ist das Ereignis, das die Halbe Welt vervollkommnet.