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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783930041305
Sprache: Deutsch
Umfang: 210 S.
Format (T/L/B): 2.3 x 18.8 x 12.3 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Durch ein Bündel alter Briefe erfährt die Berliner Fotografin Ruth Siebert von der großen Liebe ihrer verstorbenen Mutter - einer Liebe, die zur Zeit der Nazi-Herrschaft keine Zukunft hatte. Die Briefe zeichnen die Spur einer Emigration nach, die in der Auvergne endet. Ruth beschließt, sich auf die Suche nach dem Geliebten ihrer Mutter zu machen, und fährt nach Frankreich. Dort macht sie eine erstaunliche Entdeckung. Und gewinnt zudem Klarheit über ihre Gefühle für Lilli, die Saxophonistin mit der Leidenschaft für Tango und Jazz. Zur gleichen Zeit findet Jana Solms, Studentin der Literaturwissenschaft an der Frankfurter Uni, Hinweise darauf, dass Grete Herzberg, eine einst preisgekrönte und dann in Vergessenheit geratene jüdische Exilautorin, auch in der Emigration weitergeschrieben hat. Jana will diesen literarischen Nachlass finden. Auch ihre Spurensuche führt nach Frankreich. Über eine Spurensuche, die in die Vergangenheit führt, werden die Lebensgeschichten von Frauen verschiedener Generationen auf kunstvolle Weise miteinander verwoben.

Leseprobe

Ruth breitet die Straßenkarte vor sich auf dem Tisch aus und glättet dabei die Knicke. Lilli sieht ihr über die Schulter, in der einen Hand das Weinglas, dessen roter Spiegel sich bedrohlich neigt, die andere auf den Tisch gestützt. Ganz gegen ihre Gewohnheit, sich in schwarze oder blaue Jeans und weiße Hemden zu kleiden, trägt sie heute ein enges schwarzes Oberteil mit einem tiefen spitzen Ausschnitt, was Ruth sofort aufgefallen ist. 'Hier in der Gegend muss er sich schließlich niedergelassen haben', sagt sie nun und fährt mit dem Zeigefinger der linken Hand um eine Stelle, die etwa ein Areal von fünfzig Kilometer Durchmesser im Herzen der Auvergne bezeichnet. Lilli hebt den Blick von der Karte und betrachtet Ruth. Je öfter sie einander in den vergangenen Wochen und Monaten getroffen haben, mit umso größerer Sehnsucht hat Lilli die nächste Begegnung erwartet. Was sie an Ruth anzieht, weiß sie noch nicht genau. Sie spürt Fremdheit. Aber auch Faszination. Sie spürt, dass Ruths Leben im Umbruch ist, dass sie von Unruhe getrieben ist, auf einer Suche, die das Bestehende in Frage stellt, aber noch keine Antworten bereit hält. Lilli mag den konzentrierten Ausdruck auf Ruths Gesicht. 'Selbstvergessen', denkt sie, was für ein merkwürdiger Begriff. Gerade wenn man sich selbst vergisst, ist man doch am meisten bei sich. Lilli trinkt einen Schluck, stellt das Glas ab und lässt sich in den Korbsessel fallen, die Beine in der schwarzen Jeans von sich gestreckt und den Blick weiterhin auf Ruth gerichtet