Liebe/r Kim

Briefroman

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783942223928
Sprache: Deutsch
Umfang: 192 S.
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Ein Anruf reißt Kosmás aus dem beschaulichen Gleichgewicht seines Lebens. Bei seinem Neffen wurde Krebs diagnostiziert. Zwanzig Jahre ist es nun her, dass er selbst an einem Weichteilsarkom im Knie litt. Ist das nun Zufall? Erbliche Vorbelastung? Er muss nach Hause und seine Notizen suchen. Jahrelang hatte er vor, sie in den PC einzugeben und auszudrucken, doch alleine die Aussicht, das alles abtippen und noch einmal durchleben zu müssen, ließ seine Stimmung sinken. Könnten diese Seiten auch seinem Neffen helfen und ihm in seiner Bedrohung Beistand leisten? Einen Versuch ist es wert. Kosmás hat den Krebs damals überlebt, und ebenso die Chemotherapie und Bestrahlungen. Woher die Idee kam mit den Tumor zu sprechen, weiß er nicht mehr - damals hat es aber geholfen, das Sprechen und vor allem das Schreiben. Jannis Plastargias erzählt vom Erwachsenwerden mit gesundheitlichen Problemen. Sein Held, ein Eigenbrötler, beschließt, dieses geschlechtslose Sarkom auf den Namen Kim zu taufen und alles, was er über sich selbst in jener schweren Zeit herausfindet, schreibt er auf. Hier ist nicht nur sein Kampf gegen diese/n Kim dokumentiert, sondern auch seine Veränderung: Die Entdeckung der Sexualität mit einem Mädchen, die Entdeckung der Sexualität mit einem Jungen. Dieser Briefroman ist ein Plädoyer dafür, niemals aufzugeben, mag die Welt auch noch so düster aussehen.

Autorenportrait

Jannis Plastargias Er ist am 6. Juli 1975 in Kehl am Rhein geboren und Sohn griechischer Gastarbeiter. Nach dem Lehramt-Studium für Grund- und Hauptschule mit den Fächern Deutsch, katholische Religion und Biologie folgte ein Ergänzungsstudiengang Diplom-Pädagogik mit Schwerpunkt Interkultureller Erziehung. Während des Studiums war er Schulsozialarbeiter an einer Brennpunktschule in Karlsruhe. Von 2005 bis 2008 arbeitete er als pädagogischer Mitarbeiter an der Erich-Kästner-Schule in Darmstadt-Kranichstein; seine Aufgaben: Betreuung der Ganztagsschüler, Einzelfallhilfe, Förder- sowie Freizeitkurse. Er absolvierte 2008 bis 2009 den Aufbaustudiengang Buch- und Medien-praxis an der Goethe-Universität Frankfurt am Main mit den Schwer-punkten Kulturredaktion in Rundfunk, Zeitung und Fernsehen sowie Literaturkritik, Lektorat, PR und Öffentlichkeitsarbeit im Verlagswesen. Von 2009 bis 2011 war er Koordinator eines bundesweiten Projekts zur Verbesserung der Arbeitsmarktchancen von Menschen mit Migrations-hintergrund. Jannis Plastargias ist Mitglied der Textwerkstatt Darmstadt (Leitung Kurt Drawert 2010 und 2011), und veröffentlichte in diesem Rahmen zwei Texte in der Anthologie >Die Haltbarkeit des Glücks<. 2011 fanden seine ersten Lesungen in der Lesebühne Darmstadt und in Karlsruhe im Club Carambolage statt, Letzteres organisiert von >artempire<, einem Kultur-magazin aus Karlsruhe, in dem er in den ersten beiden Ausgaben 2011 Geschichten veröffentlichte. Seit 2008 ist er Juror beim Jugendbuchpreis >Goldene Leslie<, dem Leseförderungspreis des Landes Rheinland-Pfalz. Aktivitäten: Seit 2005 Kulturredakteur bei >Radiosub<, dem schwul-lesbischen Magazin bei Radio X und seit 2011 Vorstand des Vereins >Sprich! e.V.<, der sich der Sprach- und Leseförderung von benachteiligten Jugendlichen verschreibt; Rezensionen, Glossen und literarische Texte in verschiedenen Online-Medien veröffentlicht. Blogger (http://schmerzwach.blogspot.com/) Veröffentlichungen im Größenwahn Verlag: >Plattenbaugefühle< Jugendroman September 2011 >Liebe und andere Schmerzen< 16 Herzschläge Herausgeber und vertreten mit den Kurzgeschichten >Ich weiss es nicht< und >Versprochen ist Versprochen< Juni 2013 >Gleich, Liebes, gleich ist das Essen fertig< 18 erotische Rezepte Herausgeber und vertreten mit der Kurzgeschichte >Salim vor leif< Juli 2014

Leseprobe

'Es kann kein Zufall sein, dass das 20 Jahre danach passiert', sagt Helena leise. 'Er ist genau so alt, wie du damals warst', fügt sie etwas lauter, aufgeregter hinzu. Sie schaut uns allen nacheinander in die Augen, aber bei dem >du< fixiert sie mich. Was ist schon Zufall, denke ich, was ist Schicksal? Ich möchte dem auf die Spur kommen, auch nach all dieser Zeit. Ja, 20 Jahre beschäftigt mich diese Frage schon. 20 Jahre! Es ist nicht ganz so lange her, dass wir das letzte Mal alle zusammensaßen, aber es ist eine Weile her, dass wir uns spontan an einem Ort trafen. Spontan. Gezwungenermaßen. Denn es ist diese Schreckensmeldung, die Thalís uns allen am Telefon mitgeteilt hat, die uns zusammenführt. 'Haben wir das vererbt bekommen?' fragt Parthena verstört. 'Ist das in uns allen drin?' Sie schaut mich an, während sie redet. Ihr Blick flackert leicht. Ich finde zuerst keine Antworten, möchte nicht mit dem Schwierigsten beginnen. Erst sollten wir Fakten klären: 'Wann gehen wir ihn morgen besuchen?' Und so reden wir erst einmal über solche Dinge, bevor ich tiefer in das Thema eindringe. Damals, ja damals, sprachen wir nur zu Beginn darüber. Als alles klar war, beredeten wir kaum noch etwas miteinander. Nicht, dass ich mich verlassen gefühlt hätte, ich hatte eine neue Familie. Eine neue Familie in der Klinik. Krebs-Station. Von Pfaundler, Universitäts-Kinderklinik in Freiburg. Damals. Ich war sechzehn. So alt wie Kostas heute. Es wurde etwas in ihm entdeckt. Ganz plötzlich. Die Ärzte wissen noch nicht sicher, ob es ein Tumor, ein bösartiger Tumor gar, ist. Er war beim Badminton spielen umgeknickt. Man röntgte ihn, war verwirrt, man machte ein MRT-Bild (eine Magnetresonanztomographie) und. geht nun davon aus, dass es ein Tumor ist, dieser Flecken auf den Bildern. Oder doch nur eine Zyste? Kostas´ Eltern haben Angst um ihn, mein Bruder und seine Frau, meine Schwägerin Birte, wir alle haben Angst um ihn. Sie haben ganz viele Fragen an mich, wie es bei mir war, wie ich mich fühlte, welche Tipps ich geben könne. Es ist merkwürdig. Mich hat meine damalige Erkrankung all die Jahre nicht ganz losgelassen, noch immer habe ich Schmerzen am Knie, noch immer träume ich davon. Lange Zeit hatte ich Angst vor einem Rückfall. Merkwürdig. Ich meine, ich bin gesund - ICH LEBE. Trotzdem, diese Zeit hat Narben hinterlassen. Sichtbare und unsichtbare. Noch immer wächst kein Haar an meinem rechten Knie. Unglaublich, aber wahr. Was möchten sie wissen? Dass ich mitten in der Pubertät sechs Monate mit Unterbrechungen in der Klinik lag und ein ganz anderes Leben als all die anderen Jugendlichen führte? Dass mich meine Eltern eher stressten als auffingen, weil ich gerade in dieser Zeit, in der man rebelliert, gegen die Eltern kämpft gegen eine Krankheit kämpfen musste, die so viele Menschen in die Knie zwingt? Sollen wir nun die Gespräche führen, die wir damals nicht führten, als wir es vielleicht hätten tun sollen? Nein, ich mache ihnen keine Vorwürfe, sie waren für mich da zu Beginn, sie beschäftigten sich mit dem Thema Chemotherapie. Aber als ich in der Klinik lag, das zweite, dritte Mal hinfuhr, als ich drin war, da konnte ich den Kontakt schwer aufrechterhalten. So vieles können plötzlich Außenstehende nicht begreifen, selbst wenn sie zur eigenen Geburtsfamilie gehören. Dinge, die nur jemand, der das gleiche durchlebt hat oder seit Jahren begleitet, nachvollziehen kann. Die Klinik war meine Ersatzfamilie, die ganzen Leute da, die anderen Patienten, die Eltern, die Ärzte und Krankenpfleger - und ich hatte meine ganz eigene Art, wie ich mit der Erkrankung umging. Ich muss unbedingt schnell nach Hause und meine vollgeschriebenen Blätter suchen. Jahrelang hatte ich vor, sie in den PC einzugeben, auszudrucken und ein gebundenes Buch daraus zu machen. Doch alleine die Aussicht, das alles abtippen und noch einmal durchleben zu müssen, ließ meine Stimmung ins Traurige und Melancholische gesunken - und dann verspürte ich keinen Tatendrang mehr.