Beschreibung
Eine Frau zwischen Macht und Ohnmacht, Liebe und Hass ...
Gent, 1472. Um die Hand von Maria, der Tochter Karls des Kühnen, halten zahllose Männer aus dem ganzen Herzogtum an. Doch die starke junge Frau will nicht zur Marionette im politischen Ränkespiel ihrer Berater werden. Erst in Maximilian, den Sohn von Kaiser Friedrich III., verliebt sie sich wirklich. Die beiden tauschen glühende Liebesbriefe aus und wollen heiraten. Doch dann stirbt Marias Vater, und der Kampf um die Macht eskaliert ...
Spannend, dicht, atmosphärisch a" ein mitreißender historischer Roman!
Autorenportrait
Hildegard Burri-Bayer wurde 1958 in Düsseldorf geboren. Nach dem Realschulabschluss ließ sie sich zur Dozentin für Museumspädagogik weiterbilden und wurde später Leiterin eines privaten Stadtmuseums für Ausgrabungen. Sie gehört zu den wenigen Menschen, di
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Zweiter März im Jahre des Herrn 1468 Louvre, Paris Der Anblick des Herzogs Karl von Guyenne und seiner Mätresse, die sich ganz offensichtlich in dem prunkvollen Bett vergnügten, war abstoßend und faszinierend zugleich. So wie Gott den Tag und die Nacht erschaffen hatte, so hatte er auch schöne und weniger schöne Menschen erschaffen, dachte der Mörder in der grün-golden gestreiften Livree eines Dieners und starrte gebannt auf das Bild, das sich ihm bot. Der Gedanke an Gott behagte ihm dabei nicht ganz, und er zwang sich, ihn zur Seite zu schieben, was nicht weiter schwierig war, weil die aufsteigende Hitze in seinen Lenden ganz andere Vorstellungen in ihm wachrief. Über den seidenen Kissen, nur wenige Ellen von ihm entfernt, breitete sich eine Flut rotblonder Locken aus, die bis zu den vollen, weiß schimmernden Brüsten Colette de Chambes reichten. Diese hielt ihre leicht schräg stehenden, grünen Augen geschlossen, und ihrem schönen Mund entrang sich ein Stöhnen, das den dürren, etwas verwachsenen Mann über ihr anzuspornen schien, denn seine Bewegungen wurden schneller. Sein Gesicht mit der spitzen Nase und dem ebenso spitzen Kinn war genauso hässlich wie sein Körper. Fahle, durchscheinende Haut spannte sich über dünne Kinderknochen, deren Anblick unweigerlich an Krankheit und Tod denken ließ. Die beiden schienen es eilig gehabt zu haben, ins Bett zu kommen, wie die über den gesamten Boden hinweg verteilten Kleidungstücke bezeugten, und sie hatten sich auch nicht erst die Mühe gemacht, die schweren Brokatvorhänge zuzuziehen, die das Bett umrahmten. Ein grausames Lächeln umspielte den schmalen Mund des Mörders, als er die nackten, ineinander verschlungenen Körper der Liebenden betrachtete, deren Leidenschaft sie alles andere um sich herum vergessen ließ. Vielleicht fällt es Colette ebenso schwer wie mir, den Anblick des Herzogs zu ertragen, und sie hält deshalb ihre Augen geschlossen, dachte er, und der Gedanke erfüllte ihn mit grimmiger Genugtuung. Ohne besondere Eile stellte er die große Silberschale mit den duftenden Pfirsichen auf dem zierlichen Tisch vor dem Fenster ab, legte ein glänzendes Messer griffbereit daneben und verschwand dann ebenso lautlos, wie er gekommen war. Am nächsten Morgen glich Paris einem brodelnden Hexenkessel. Die Gemüter der Menschen waren erhitzt, und Gerüchte liefen von Haus zu Haus, durch Garküchen, Schänken und sogar bis in die letzten Winkel der Stadtmauern, in denen die Bettler und Ausgestoßenen hausten. Es hieß, Guyenne sei beim Schälen eines Pfirsichs mit einem vergifteten Messer zu Tode gekommen und der König selbst habe den Mord an seinem Bruder in Auftrag gegeben. König Ludwig XI. lehnte sich zufrieden in seinem Thronsessel zurück und zog seinen scharlachroten, mit Zobelpelz gefütterten Umhang enger um seine Schultern. Der schwarze Turban, den er sonst nur bei offiziellen Anlässen trug, verdeckte seine fliehende Stirn und ließ seine Nase noch spitzer erscheinen, als sie es ohnehin schon war. Er setzte eine betrübte Miene auf, als sein heimlicher Ratgeber Philippe Commynes den Saal betrat, obwohl er innerlich triumphierte. Philippe Commynes ging am burgundischen Hof ein und aus und galt als ein enger Vertrauter seines Erzfeindes Herzog Karl. Ein Blick in die eng zusammenstehenden Augen des Königs genügte Philippe, um zu erkennen, dass dessen Trauer über den Tod seines Bruders nur gespielt war. Er fühlte sich unbehaglich, als er seine schlimmsten Befürchtungen bestätigt sah. Ein Brudermord war ein abscheuliches Verbrechen, ein Verbrechen, das sich wie ein roter Faden durch die Geschichte zog seit der Zeit, als Kain seinen Bruder Abel ermordet hatte. Sein Unbehagen verstärkte sich nochmals, als er sich widerwillig eingestand, dass er nicht ganz unschuldig an Guyennes Tod war. Immerhin war er derjenige gewesen, der Ludwig von dessen hartnäckigen Bemühungen um Marias Hand unterrichtet hatte. Siedend heiß wurde ihm bewusst, dass die Augen des Königs noch immer auf ihm ruht Leseprobe
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